Das Sturmtief Lothar hat am 2. Weinachtsfeiertag leider auch vor uns nicht Halt gemacht und zerstörte größere Flächen im Wald. Im Ort blieben bis auf ein Dach die Häuser einigermaßen in Ordnung es mußten nur eine Menge Ziegel ersetzt werden. Durch die umgestürzten Bäume waren wir bis ca. 20:00 Uhr von der Außenwelt abgeschnitten da sämtliche Straßen durch umgestürzte Bäume blockiert waren. Der Strom fiel morgens gegen 11:00 Uhr aus weil Bäume die Überlandleitungen beschädigten. Die Feuerwehr war insgesamt 3 Tage im Dauereinsatz um die Staßen zu räumen, eine Notunterkunft einzurichten und den Bürgern beim Fällen der Bäume zu helfen...
Vielen Dank an Simon Dürr für die Bilder und Berichte
Bericht aus der Chronik der Feuerwehr Neusatz:
“LOTHAR” ein Name prägt sich ein...
Weihnachten 1999, 2. Weihnachtsfeiertag 11.00 Uhr, die Welt scheint noch in Ordnung.
11.15 Uhr der Strom fällt aus, kurze Zeit später wurden wir über den Funkmelder alarmiert; was für
ein Weihnachtsfest.
Beim Eintreffen der Kameraden am Gerätehaus lässt sich schon erahnen, wo’s „brennt“. Ein
stürmischer Wind bläst einem um die Nase. Der erste Weg führte uns zur Neusatzer Pfütz, wo wir
schon bei der Anfahrt die umgeknickten Bäume sahen, die unter anderem auch für den Stromausfall
verantwortlich waren (ein Baum hat die Hochspannungsleitung beschädigt). Aufgrund des starken
Sturmes konnten wir jedoch nichts unternehmen, deshalb fuhren wir wieder ins Gerätehaus. Zur Untätigkeit verurteilt
mobilisierten wir die Ortschaftsräte, die sich auch sofort bereit erklärt haben zuhelfen. Zu diesem Zeitpunkt wusste noch niemand, ob wir bis zum Abend wieder mit Strom versorgt werden konnten, oder
ob es eine „stromlose“, und somit auch eine kalte Nacht geben würde. Das Schlimmste angenommen, haben wir unsere Bronnenwiesenhalle zur Notfallstation erklärt. Nun galt es unsere Möglichkeiten
abzuwägen und das Notwendige zu organisieren: Wir mussten Möglichkeiten schaffen, die Halle mit Strom und Heizung zu versorgen.
An dieser Stelle sei denHerren Fritz Pfeiffer und Hermann Schneider (Ortsvorsteher) aus Rotensol sehr herzlich gedankt, die uns selbstlos zwei
ihrer Notstromaggregate für diesen Notfall zur Verfügung gestellt haben.Somit hatten wir die Möglichkeit Strom
für die Halle zu erzeugen und sie zu beleuchten. Um zu heizen wurden Gasgebläse und Gasstrahler
organisiert. Leider hatten wir keine Möglichkeit(Megaphon oder Einsatzwagen mit Lautsprecher) die Einwohner zu
informieren, dass die Bronnenwiesenhalle für den Notfall hergerichtet worden war. Hier mussten wir uns darauf verlassen, dass es sich herumsprechen würde.
Gegen 16.00 Uhr hatten wir die Freigabe von der Leitstelle Calw mit den Aufräumarbeiten im Wald zu beginnen, und in erster Linie die
Zufahrtsstraßen von und nach Neusatz wieder befahrbar zu machen. Diese Arbeiten gestalteten sich von Meter zu
Meterschwieriger, da die Bäume, je weiter wir in den Wald vordrangen, immer mehr und auch immer größer
wurden. Da wir in der Freiwilligen Feuerwehr Neusatz nur eine Motorsäge zur Verfügung haben, waren wir
um jeden Helfer dankbar, der sich und seine Motorsäge zum Einsatz bringen konnte. Somit hatten wir bis zu 12 Motorsägen im Einsatz,
und konnten uns zur gleichen Zeit mit einer Gruppe in Richtung Dobel und mit einer zweiten Gruppe in Richtung Schwann vorarbeiten.
Im„Mönchswald“ wurden wir durch Kamerad Christian Koch mit seinem Traktor unterstützt um die abgesägten Bäume zur Seite zu ziehen, die Gruppe in Richtung Dobel wurde durch einen Radlader von der Fa. Erol unterstützt. So kamen wir langsam aber stetig voran. Da es mit zunehmender Dunkelheit jedoch immer schwieriger und vor allem auch sehr viel gefährlicher wurde mit den Motorsägen zu hantieren, beschlossen wir gegen 18.30 Uhr, als auch noch eine erneute Sturmwarnung ausgegeben wurde, den Einsatz abzubrechen. Als wir gerade abrücken wollten, kam über Funk die Meldung, dass schweres Räumgerät anfahren würde. Da in Richtung Schwann noch einige Personen in ihren Fahrzeugen eingeschlossen waren, rückte die Menschenrettung in den Vordergrund, die Sturmwarnung wurde zur Nebensache. Und das schwere Räumgerät kam, unterstützt vom Neusatzer Feuerwehrfahrzeug, dem auf die Pumpenhalterung ein Stromaggregat und auf dem Dach ein Scheinwerfer mit Seilen festgebunden wurde (Not macht erfinderisch). Unter Einsatz ihrer Leben, kämpften sich die Feuerwehrkameraden mit den Helfern durch die schier unüberwindliche Baumwüste. Bis gegen 22.00 Uhr wurde Baum um Baum aus dem Weg geräumt, bis wir an eine Stelle kamen, wo noch einige Tannen kurz vor dem Umfallen standen. Da sich in der Zwischenzeit die Rettungsdienste mit ca. 40 Frauen und Männern zu Fuß durch den Wald schlugen um die eingeschlossenen Personen zu suchen und zu retten, wurde beschlossen, den Einsatz der Feuerwehr für diese Nacht zu beenden und am nächsten Morgen mit frischen Kräften wieder ans Werk zu gehen.
Nachdem wir wieder im Gerätehaus waren, musste das Einsatzfahrzeug wieder
hergerichtet werden, Pumpe und Löschgeräte mussten wieder ins Fahrzeug. Wir hatten Bedenken,
da in jedem Haus mit Kerzen und Öfen hantiert wurde, dass in der kommenden Nacht auch ein Wohnungsbrand
hätte ausbrechen können, was zum guten Glück nicht geschah. Gegen 23.00 Uhr wurde der Einsatz beendet
Am nächsten Morgen um 8.00 Uhr trafen wir uns wieder um weitere Bäume aus dem Weg zu räumen,
und auch die Straßen in Neusatz „frei“ zu bekommen. Diesmal wurden wir von Roland Dressler mit seinem
Traktor mit Frontlader unterstützt, der die Bäume aus dem Weg räumte. Teilweise unterstützten wir auch
Einwohner bei der Wiederherstellung ihrer Hausdächer, kleinere Schäden konnten behoben werden. Dass es der Feuerwehr in dieser Lage jedoch nicht möglich ist, ganze
Dächer zu decken, sollte jeder auch noch so erboste Bürger einsehen. Gegen Mittag fuhr die Polizei mit ihrem Einsatzwagen durch Neusatz und Rotensol und teilte den Einwohnern mit, dass es in der
Bronnenwiesenhalle in Neusatz Heizung und Verpflegung gab. Den Helfern, die sich um die Verpflegung an diesen beiden Tagen gekümmert haben, sei an dieser Stelle ebenfalls sehr herzlich gedankt.
Gegen Abend war es der ENBW (Energieversorgung Baden Württemberg) dann doch möglich, ganz Neusatz wieder mit
Strom zu versorgen. Um die zerstörten Leitungen an der Neusatzer Pfütz jedoch wieder herstellen zu können, mussten im Bereich des Turmgeländes noch
ca 10 Bäume, die den Sturm heil überstanden hatten, gefällt werden. Da der Feuerwehr diese Arbeiten zu gefährlich
waren, wurde der Forst mit dieser Aufgabe betraut. Herr Anser vom Forstamt sagte zu, dass die Bäume am Dienstagmorgen gefällt würden. Gegen 21.00 Uhr wurde der Einsatz an diesem Montag beendet.
Am Dienstagmorgen trauten wir unseren Augen nicht; 20 cm Neuschnee war in der Nacht gefallen.
Gott sei Dank konnten am Vortag die meisten Dächer abgedichtet werden. Um 8.00 Uhr trafen wir
uns wieder, um die Bäume, die an der „Pfütz“ gefällt werden mussten, aufzuräumen. An der Calwer
Straße musste ebenfalls noch ein Baum gefällt werden, der durch den Schnee in Schieflage geraten
war. Hier wurden wir von der Fa. Ochner aus Dennach, die gerade mit ihrem Schneepflug im Einsatz war, unterstützt. Die Tanne wurde mit der Seilwinde des Schneepfluges in den Garten des
Anwesens gezogen. Nun wurden die letzten Aufräumarbeiten in Angriff genommen: die
Bronnenwiesenhalle musste wieder aufgeräumt werden, die Kettensägen wurden von der Fa.
Bachteler in Dobel überprüft und wieder instand gesetzt, die Stromaggregate wurden gereinigt und
wie auch die Gasgeräte und Gasflaschen deren Besitzern wieder zurückgebracht, und nicht zuletzt
musste natürlich auch unser Einsatzfahrzeug wieder hergerichtet werden.
Diese drei Tage, die wohl keiner von uns allen je vergessen wird, haben wieder einmal gezeigt, dass
es doch noch Menschen gibt, die freiwillig und ehrenamtlich für andere da sind, und dabei sogar ihr Leben auf ’s
Spiel setzen, um der Allgemeinheit zu dienen. Im Einsatz waren 16 aktive Feuerwehrkameraden, 13 Bürger, die uns im Einsatz unterstützt haben sowie 13 Bürgerinnen und Bürger,
die für die Verpflegung sorgten. In diesem Sinne danken wir all denen sehr herzlich, die mitgeholfen haben, dass
wir diese Katastrophe doch einigermaßen gut überstanden haben.